Forgotten Bottles - Januar 2015

Die vierte Serie wurde eingeschenkt: Syrah oder eben Shiraz, je nach Herkunft dieser Weine. Der Superstar in dieser Serie war zweifelsohne der Grange von Penfolds, ein markanter Wein, der den Erfolg der australischen Weine begründete. Seit 1951 notabene, wird bei Penfolds aus Trauben uralter Shiraz Rebstöcke der Grange gekeltert und an die grosse Fangemeinde verkauft. Anfangs der neunziger Jahre erlebte der Grange fast über Nacht einen Preisaufschlag von gegen 400%! Shit happens!

Auch dem Hermitage La Chapelle war einiges zuzutrauen, umso mehr einen die wohl frankophile Auslegung und die Aromatik dieses Weines durchaus in ihren Bann ziehen kann. Dem Michael Shiraz von Wynns wurden Aussenseiter-Chancen zugesprochen und der unbekannte kalifornische Syrah von der Edmunds St. John Winery würde in dieser Serie wahrscheinlich eher abfallen. Diesen Wein hatte ich voller Begeisterung bei einem Winery Besuch vor ca. 18 Jahren gekauft, ganze 9 Flaschen konnte  ich damals erstehen! Das ist aber alles Theorie - jetzt gings ans Eingemachte, es wurde losgeschlürft!

Die zwei Australier waren sehr schnell ausgemacht, druckvolle Weine mit straffer Lakritze und Eukalyptus-Aromatik, samtig, voluminös und mit langem, wärmendem Abgang versehen. Zweifelsohne grosse Weine mit herrlicher Reife. Der Grange war aber um einiges vielschichtiger und meines Erachtens auch kompakter und länger.

Nach dem Sturm auf die Australier befasste man sich zusehends mit dem Glas eins und vier. Vor allem der Wein im Glas vier entwickelte sich prächtig: Syrah in Perfektion, ausgewogen, geniale Reife und eine überschwängliche, sich mit Luftkontakt zunehmend verstärkende Hermitage Typizität. Der Wein im ersten Glas fiel etwas ab. Er wirkte irgendwie verknorzt und eher auf der schlanken Seite. Auch wurde die fehlende Sortentypizität und die fehlende Syrah-Kraft vermisst. Soweit also alles klar, oder?

Das Erstaunen war gross, als unter dem Deckmantel der Flasche eins der Hermitage La Chapelle auftauchte. Abgestürzt war er in diesem Sinne nicht, aber völlig chancenlos. Im Glas zwei dann der Michael Shiraz, im dritten Glas der Grange, was bekannt war. Der Syrah von Edmunds St. John mit der höchsten Punktzahl war sicherlich die Überraschung des Tages. Schade, hatte ich mich damals nicht weiter um dieses Weingut bemüht. Die zu erwartenden Mengen waren einfach zu gering, um die jeweiligen Minimengen mit all dem dazugehörenden Papierkram zu importieren. Die 9 Flaschen hatte ich damals noch im Handgepäck transportiert! Im Stillen frage ich mich aber ,ob die hohen Benotungen des Siegers nicht auch vom festen Glauben daran, dass er ein Franzose sei, beeinflusst wurden.

Die fünfte Serie, dem Cabernet und den Bordeaux, gewidmet wurde eingeschenkt.

Ganz am Anfang war alles recht homogen. Nur kurze Zeit später aber entfalteten sich die Weine, jeder auf seine persönliche und einzigartige Weise. Im Glas eins die Eukalyptusnoten der Oakville Cabernets. Im Glas zwei, die ach so typischen Graves Noten, im dritten Glas die Zedernholz- und Mocca-Düfte des Montelena Weines. Im Glas war eine betörende Nase eines grossen Bordeaux Weines aufs Beste erkennbar.

Der Mondavi Reserve Cabernet vermochte nicht mit den anderen drei mitzuhalten, ihm fehlte einfach der Druck und auch eine differenzierte Vielschichtigkeit. Der Mission hingegen war in einer beneidenswerten Form, punkto Reife, Harmonie, Vielschichtigkeit und Abgang. Der Montelena Cabernet war irgendwie verhalten, eine Art Starre, er konnte einfach nicht aus sich herauskommen. Der Las Cases zum Schluss war ein Bilderbuch-Bordeaux ein Aristrokrat erster Güte. Allein schon der Düfte wegen, die einem entgegen strömen, lohnt es sich, eine solche Flasche zu entkorken. Der "Rest" ist zudem ebenbürtig. Ein Bordeaux Wein mit Bonus Track. Ein Seelenwellness-Wein.