News

Status-Quo Kalifornien

 

Als ich 1986 zum ersten Mal mit kalifornischen Weinen in Kontakt kam, war es Liebe auf den ersten Schluck. Ich erinnere mich noch heute sehr gerne an diesen Tag, als mein Weinleben einen Quantensprung erleben durfte. Im Herbst 1992 konnte ich während dreier Tage an einer Veranstaltung des Wine Spectators in San Francisco die damalige Winzerelite von Kalifornien mit ihren Weinen kennen lernen. Kurze Zeit später begannen zaghaft die ersten Importe.

1996 reiste ich mit meinem damaligen Mitarbeiter nach Kalifornien. Eine unvergessliche Reise mit einzigartigen Höhepunkten. Ich war hin und weg! Ein Jahr später kamen weitere Weingüter hinzu und die Importmenge wurde vergrössert. Ich war mit Winzern der älteren Garde zusammen, von deren Weinen ich fasziniert war. Weine, die wir heute wohl als "old-school" bezeichnen würden. Diesen Weingütern blieb ich treu und versuchte unentwegt, Skeptiker von der Qualität und der Güte dieser Weine zu überzeugen. In der Zwischenzeit hatte sich Robert Parker schon recht breit gemacht, er wucherte an allen Ecken und Enden. Parker erschuf einen völlig neuen Markt, der sich nicht an Qualität und deren Kriterien orientierte, sondern ausschliesslich an Bewertungen, die zu einer Art Währung wurden.

Für diese wurden in der Folge, insbesondere im Napa Valley, fast zwanzig Jahre lang Weine produziert, die die Weinmacher selber nie trinken wollten. Allerdings waren sie mit ihren Hochalkohol-Monstern mit ausgereizter Überreife, ihrem teuren Holzeinsatz und den technischen Konzentrations- und Extraktionsexzessen derart erfolgreich, dass sich diese Weine einen Platz an der Spitze der Begehrlichkeitsskala eroberten, den sie bei vielen Punktetrinkern noch heute innehaben.

So kelterten in der Folge nicht wenige Weingüter fruchtbetonte und wuchtige Weine. Bewusst provokativ formuliert: Der Mainstream war geboren!

Einer Handvoll Winzer war der neue Trend aber „so was von egal“: Nicht für Punkte, sondern für ihre Kundschaft und Fan-Gemeinde, zu der Sie und wir zählen, kelterten sie weiterhin ihre genialen Weine. Es war ihnen bewusst, dass sie mit diesen Weinen, keine trendigen Lorbeeren erhalten würden, was wohl für die Winzer nicht immer einfach gewesen sein wird. Aber bekanntlich gilt ja: Mode vergeht, Klasse besteht. In den letzten Jahren hat sich diesbezüglich sehr viel getan.  Die Monster Weine gehören der Vergangenheit an. Viele Winzer und Weinmacher in Kalifornien atmen auf, weil die Zeit des selbstauferlegten Marktdiktates zu Ende geht. In Kalifornien hat nach zwanzig kommerziell äusserst erfolgreichen Jahren, die aber stilistischen Stillstand brachten, die Rückbesinnung auf die wahre Qualität im Wein eingesetzt. Auch viele der härtesten Verfechter der „Knock-out-Weine“ kehrten von ihrem eingeschlagenen Weg ab und – Sie mögen mir meine Direktheit verzeihen – beendeten die „dunkle Jahrzehnte, wo man Parker Punkte anstelle von Wein kaufte".


Die aufgepumpten Silikonbusentropfen Parker´scher Prägung haben uns nie interessiert. Wir haben uns bei unseren zahlreichen Besuchen vor Ort stets nur mit qualitativ ambitionierten Winzern beschäftigt, weshalb wir heute fein raus sind: Es sind unsere Winzer, die jetzt den Ton angeben. Wir müssen nicht mühsam zurückrudern, sondern können Gas geben mit Weinen, die Zukunft haben, weil unsere Winzer die Zukunft sind.Für unsere Kunden sind kalifornische Spitzenweine, wie wir sie führen, jedenfalls fester Bestandteil ihres Weinkellers.

Natürlich weht amerikanischen Weinen auch heute noch die typisch europäische Ignoranz entgegen. Noch immer propagieren viele Weintrinker, dass kalifornischer Wein per se aus der Retorte der Frankenstein-Weinindustrie stammt, dass nur Holzschnitzel eingesetzt würden, dass nur extrahiert und zentrifugiert werde und sowieso alles nur Beschiss sei. Ach ja, die verpönte Luftfracht der Weine! Kein Weinhändler in unserem Sinne vermag das zu berappen. Schiffscontainer heisst das Zauberwort, denn einerseits ist dieser preisgünstiger und zudem ökologisch nicht belastender, als ein Camiontransport von Chianti Wein aus der Toskana zu uns nach Olsberg.

Die vielen Kinder europäischer Winzer, die ihre Ausbildung oder Praktika in den USA absolviert haben, wissen, dass die Realität eine andere ist. Natürlich gibt es „drüben“ Dinge, die bei uns zum Glück unmöglich sind, aber es gibt auch zahlreiche positive Entwicklungen, die der europäische Wein massgeblich ambitionierten amerikanischen Winzern verdankt.

So kommt der Trend zum möglichst natürlich ausgebauten, nicht durch Technik und ihre Machbarkeit entstellten Wein aus Kalifornien. Er entstand dort vor über 20 Jahren als Gegenreaktion auf den damaligen Trend zum Quasi-Kunstwein. Die ehrlichen, engagiert arbeitenden in unserem Sinne, Winzer Kaliforniens aber sind unter ihren Kollegen in aller Welt höchst respektiert. Über sie lacht keiner mehr und es findet reger Austausch statt zwischen den guten Winzern der neuen und der alten Welt.

Wir haben „drüben“ mehr über Wein gelernt, als man es hier jemals können wird. Die Winzer dort pflegen, anders als in Europa, keine Geheimnisse voreinander zu haben, sondern tauschen für möglichst schnelle Lernkurven intensiv Informationen untereinander aus, an denen sie uns stets offen teilhaben liessen. Vielleicht half uns genau das, zu einem der führenden Importeure und Anbieter kleiner handwerklich arbeitender Spitzenwinzer aus Kalifornien in der Schweiz zu werden. Jede von uns vertretene Winery ist physisch vorhanden. Gekeltert werden die Trauben aus den eigenen Rebbergen, die auch von der Winery durch das Jahr hindurch gehegt und gepflegt werden. Artisanales Handwerk vom Anfang bis zum Ende, mit grösster Hingabe und Andacht für eines der grössten Kulturgüter der Welt: Unser geliebter Wein!

Unsere Winzer aus Kalifornien und Washington State zählen zu den besten ihrer Region. Ihre Weine werden zugeteilt, ihre Produktion ist klein und die Nachfrage enorm. Ihre Weine haben zu ureigener Identität gefunden und wurden und werden zu Leitmotiven für die ganze Weinwelt; an ihnen orientiert man sich.

Wir dürfen uns auf eine grossartige Zukunft der kalifornischen Weine freuen. Mehr und mehr Winzer streben danach, dem Wein seine Individualität zu geben/zu lassen, indem sie es zulassen, dass das Terroir, the Sense of Place, „wirkt“. Immer mehr werden die Einzellagen separat gekeltert und ausgebaut. Die Vielfalt an Weinen wird zunehmen und es gilt, dabei die Übersicht zu behalten. Durch diesen Umstand erhalten die kalifornischen AVAs, welche unseren in Europa bekannten Appellationen entsprechen, eine ganz neue und tragende Bedeutung. Wussten Sie, dass es in Kalifornien bereits über 150 AVAs gibt?

Wir freuen uns über und auf die Weiterentwicklungen in unserer Wahlheimat Kalifornien!

Ihre Weinenthusiasten

Andreas Putzi & Beatrice Arnosti